Geschenk des Herrn - September 2007

Siphosenkosi war sein Name.

Das bedeutet in der Zulusprache "Geschenk des Herrn" und wir nannten ihn alle kurz einfach "Sipho". Der eineinhalbjährige Sipho kam am 2. Oktober 2003 zu uns. Die Sozialarbeiterin des Krankenhauses in Stanger suchte einen Platz für ein Waisenkind, das an Tuberkulose litt und HIV-positiv war und natürlich sagten wir nicht nein. Die Mutter war unbekannt und der Vater kümmerte sich nicht um seinen Sohn. Später erfuhren wir, dass er inzwischen auch an AIDS verstorben war. Es dauerte lange bis wir seine Tuberkulose behandelt hatten und anfangs hatte er schreckliche Hautausschläge. Aber er erholte sich dann auch durch die Behandlung seiner opportunistischen Infektionen, gute Ernährung und viel Liebe, die wir ihm schenken konnten. Er wurde zusehends kräftiger und wurde bald aus dem Hospiz entlassen und lebte dann im Kinderheim unter demselben Dach.

2004

Er entwickelte sich recht gut, wuchs auf wie jedes andere Kind, nur war er immer recht zurückhaltend und etwas scheu.

2007

Im Januar 2007 war Sipho dann soweit, dass er in den Kindergarten gehen konnte. Das bereitete ihm sehr große Freude.

Angelika Müller berichtet:

11.7.2007: Es ist ein ganz normaler Arbeitstag für mich. Ich beginne meinen Dienst um 6.45 mit der Pflegekonferenz. Dann gehe ich ins Kinderzimmer und schaue nach wie es „meinen“ Kindern geht da ich 2 Tage frei hatte. Sipho ist da.

Sipho ist heute ein 5 Jahre alter Junge. Ihm geht es nicht so gut, also soll er sich für ein paar Tage hier im Hospiz erholen und wieder zu Kräften kommen.

Ich gehe zu seinem Bett und sage Hallo zu ihm. Er scheint sich zu freuen, denn er kennt mich, weil er schon öfter im Hospiz war und ich auch im Kinderheim gearbeitet habe. So sind wir uns nicht fremd.

Dann fange ich an mit der täglichen Morgenpflege. Ich habe Glück, dass in meinem Kinderzimmer ein Bad mit Badewanne ist und nicht mit Dusche. So können alle Kinder erst mal ein Bad bekommen. Das dauert auch immer so seine Zeit, weil die kleinen Geister natürlich wahnsinnig gerne baden und vor allem auch in der Wanne spielen. Und das sollen und dürfen sie auch. Anschließend gibt es Frühstück und Sipho isst auch ein wenig.

Pater Gerhard versucht inzwischen alles zu veranlassen, dass Sipho auf ARVs gesetzt werden kann und sich sein Leben dadurch verbessert. Aber das ist aus juristischen Gründen alles nicht so einfach.

Die nächsten Wochen sind ein ständiges auf und ab. Mal geht es ihm etwas besser, dann isst und trinkt er auch und wir können etwas spielen oder er malt ein wenig. Andere Tage da geht’s ihm wieder sehr schlecht und er hat Schwierigkeiten seine Medikamente zu nehmen, will nichts essen und nichts trinken. Als sich sein Zustand aber nicht mehr bessert, beschließt unsere Ärztin ihn ins Krankenhaus einzuweisen. 

Schwester Sheilagh und ich fahren mit ihm nach Stanger ins Krankenhaus. Da ist es wie immer sehr voll und da die Ärzte gerade zum Frühstück sind müssen wir warten. Endlich kommt eine sehr nette Ärztin, der wir alles erzählen. Sie guckt sich Sipho an, nimmt erst mal Blut ab und wieder müssen wir warten, diesmal auf das Ergebnis. Dann endlich ist das Ergebnis da und noch ein anderer Arzt schaut sich Sipho an. Es wird uns mitgeteilt, dass sie Sipho einstweilen dabehalten und die Aussichten nicht besonders gut sind für ihn. Er bekommt einen Tropf und wird auf die Kinderstation verlegt. Wir fahren zurück ins Care-Zentrum. 

Jeden Abend fahren Susanne Stauffer und Pater Gerhard ins Krankenhaus und besuchen Sipho und schauen, wie es ihm geht. Leider verschlechtert sich sein Zustand ständig und es sieht nicht gut aus. Drei Wünsche hat er immer wieder: Er bittet um Süßigkeiten und Wasser und möchte auf den Schoß gesetzt werden und diese letzten Wünsche haben wir ihm sehr gern erfüllt.

Pater Gerhard hat mit Hilfe der Sozialarbeiterin von Mandeni Helma Lintvelt alle Hürden genommen, wurde vom Vormundschaftsgericht als gesetzlicher Vormund eingesetzt und kann daher Sipho ins ARV-Programm nehmen, denn ohne Zustimmung des Erziehungsberechtigten ist dies natürlich nicht möglich. Leider war es aber zu spät für ihn. Nur zwei Tage nachdem er mit der antiretroviralen Behandlung begonnen hatte starb er am 3. September 2007.

Unsere letzten Bilder von Sipho am 1.9.2007, zwei Tage vor seinem Tod.

In unserem Hospiz sterben sehr viele, auch Kinder, aber Sipho war das erste Kind aus unserem Kinderheim, das verstorben ist. Selbstverständlich haben wir am 7. September 2007 die Beerdigung auch im familiären Rahmen der Hausgemeinschaft des Kinderheimes gehalten. Alle Kinder und die Betreuer waren da, als Pater Gerhard das Requiem in der Blessed Gérard's Kirche hielt.

Nach der Predigt wurden alle Kinder eingeladen, einen letzten Gruss für Sipho aufzuschreiben. Die Zettel durften sie vor Siphos Bild neben dem Sarg niederlegen. Susanne Stauffer entzündete jedes Mal, wenn ein Kind einen Zettel niederlegte, eine Kerze an der Osterkerze und stellte sie als Zeichen der Liebe, die uns mit Sipho und dem Herrgott verbindet, um ein rotes Herz herum neben dem Sarg auf. Das ewige Licht leuchte ihm!

 

Anschließend fuhren alle gemeinsam mit mehreren Fahrzeugen zum Friedhof der Abtei Inkamana, wo ihn Pater Gerhard zur letzen Ruhe bettete.


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