Wie der unreine Leprakranke ... - Weihnachten 2004

Die Geschichte von Thandi und ihrem Sohn Bhekithemba soll Ihnen einen Eindruck von der schrecklichen Lage vieler Leute in unserem Gebiet vermitteln und Ihnen zeigen, wie wir den Leuten sinnvoll und wirksam helfen:

Thandi ist eine 31jährige Mutter ohne Ausbildung und arbeitslos. Sie wohnt in einer ländlichen Gegend ungefähr 35 km von Mandeni entfernt und freut sich wahnsinnig, wenn ihr Freund aus Durban kommt, um sie zu besuchen. Als Sipho zur Tür hereinkommt, spürt Thandi gleich, dass irgend etwas nicht in Ordnung ist. Sie versucht herauszubekommen, was ihn bedrückt, aber er gibt ihr keine Antwort. In dieser Nacht tröstet sie ihn und wird schwanger, ohne zu bemerken, dass sie sich ernstlich in Gefahr begeben hat. Die ganze Zeit, in der Sipho bei ihr ist, hat sie ein ungutes Gefühl, kann aber nicht erkennen, worin die Schwierigkeit besteht. Thandi fragt Sipho über sein Leben in Durban aus, wo er arbeitet, und kommt zu dem Schluß, dass er dort mit einer anderen Frau zusammenlebt und möglicherweise ein oder zwei Kinder hat. Schließlich gesteht er, dass er sie mit einer anderen Frau betrogen hat. All seine Versprechungen, die lobola, den Brautpreis, für sie zu zahlen, lösen sich auf - und damit die Hoffnung auf eine Ehe: Auf einen Schlag hat sie keine Zukunft mehr, auf die sie sich freuen könnte. Auch ihre Familie ist sehr enttäuscht. Sipho fährt nach Durban davon, ohne je zu Thandi zurückkehren zu wollen. Sie ist am Boden zerstört. Nach ungefähr zwei Monaten bestätigt sich Thandis nagender Verdacht, denn die Schwester im Krankenhaus sagt ihr, dass sie schwanger ist. Zugleich nimmt die Schwester die Routineblutuntersuchung vor. Thandi stellt sich als HIV-negativ heraus. Ein Gefühl der Erleichterung durchströmt Thandi. Aber das hat keinen Bestand, denn bei der nächsten Schwangerenuntersuchung macht die Krankenschwester einen weiteren Bluttest, und dieses Mal stellt sich heraus, dass Thandi HIV-positiv ist. Die Gefühle der Verzweiflung, Qual und Enttäuschung sind fast unerträglich. Dann versichert ihr die Krankenschwester, dass es eine Möglichkeit gebe, dass ihr Baby nicht notwendig mit dem HI-Virus angesteckt wird. Die Monate vergehen und in Thandi wächst die Liebe zu dem kleinen Baby, das sie unter dem Herzen trägt. Bei der Geburt sieht ihr Bübchen gesund aus. Sie gibt ihm den Namen Bhekithemba. Im Laufe von vier Jahren beginnen sich bei Thandi AIDS-Symptome zu zeigen. Sie wird schwächer, magert ab, entwickelt eine Lungentuberkulose und ein Kaposi-Sarkom (einen AIDS-bezogenen Hautkrebs), und auch Bhekithemba wird jetzt als HIV-positiv getestet und bekommt ebenfalls Lungen-TBC. Sie wohnen im Kraal (einer ländlichen Zulubehausung aus mehreren Lehmhütten) ihrer Eltern, aber die Familie hat sie völlig ausgestoßen. Sie verweigert ihr den Zugang zu der gemeinsamen Familienhütte und isoliert sie in einer eigenen abgelegenen kleinen Hütte. Den anderen Kindern wird verboten, mit Bhekithemba zu spielen. Thandi und Bhekithemba sind beide einsam und niedergeschlagen. Weil sie zu krank sind, um sich alleine durchzuschlagen, werden sie mit Nahrung versorgt; und zwar stellt ein Kind eine Schüssel auf den Boden, stößt sie unter der Türe durch und läuft dann davon. Wie der "unreine Leprakranke" aus der Bibel sind sie völlig verlassen. Es gibt kein Wasser zum Trinken oder Waschen und keine Toilette. Man kann nur ahnen, wie Thandi an der Erniedrigung und unwürdigen Behandlung leiden muss. Ihre eigene Familie verstößt sie und behandelt sie schlechter als die Ziegen und Hunde draußen! 

Irgendwie hören die Sozialarbeiter von Thandis und Bhekithembas Notlage. Sie besuchen den Kraal und entdecken die widerlichen und unmenschlichen Umstände, denen die beiden ausgesetzt sind. Die Sozialarbeiterin wendet sich an das Blessed Gérard's Care Centre, das nicht zögert, sowohl für Thandi als auch für Bhekithemba einen Platz zu bereiten. Am nächsten Tag bringt sie die Sozialarbeiterin ins Hospiz. Sie sind schwach, schmutzig und verzweifelt. Thandi ist nun in einem Krankenzimmer mit acht anderen Frauen, deren Gesundheitszustand noch schlechter ist als ihrer. Bhekithembas Zustand verbessert sich gewaltig, weil er eine Menge guter Nahrung und all die nötigen Medikamente erhält, so dass er innerhalb einer Woche ins Blessed Gerard's Kinderheim verlegt werden kann. Mit den anderen Kindern nimmt er an der Vorschulerziehung teil und besucht seine Mutter jeden Nachmittag. Die Sozialarbeiterin möchte, dass Thandis Angehörige ihre Tochter und ihren Enkel im Blessed Gerard’s Hospiz besuchen und sich über HIV / AIDS aufklären lassen, das sie in so irrationalem Maße fürchten, doch sie weigern sich weiterhin, zu kommen. Thandi hat die Hoffnung aufgegeben, dass ihre Familie sie wieder zu Hause aufnehmen wird. Sie ist am Boden zerstört, dass sich keiner ihrer Verwandten die Mühe macht, sie zu besuchen. Sie hat sich aufgegeben und wird depressiv. Sie weigert sich zu essen und verliert noch mehr Gewicht. Sie bittet uns darum, ihren Sohn in unserem Kinderheim aufzunehmen, wenn sie gestorben ist. Das medizinische Personal und die Pflegekräfte versuchen ihr Bestes, um sie aus dieser Depression herauszubekommen. Aber es hilft nichts. Thandi bekommt Kopfschmerzen und schläft mehr und mehr. Die Medikamente, die sie vom Arzt bekommt, helfen auch nicht. So beschließen wir, sie ins Krankenhaus zu verlegen. Sie kehrt nie ins Hospiz zurück. Sie stirbt im Krankenhaus an Tuberkulose und Meningitis und lässt ihren kleinen Sohn zurück. Wie sollen wir es Bhekithemba beibringen, dass seine Mutter nie zurückkehren wird? Wie sollen wir der Familie beibringen, dass sie sich um den kleinen Jungen annehmen sollten? Über die Sozialarbeiterin nehmen wir Kontakt mit der Familie auf. Die haben kein Interesse und weigern sich sogar, Thandi zu beerdigen. Selbst von Bhekithemba wollen sie nichts wissen, der soll bei uns bleiben bis auch er stirbt. Bhekithemba hat offensichtlich nicht lange zu leben. Trotzdem geht er weiter in den Kindergarten mit den anderen Kindern. Wir behandeln all seine opportunistischen Infektionen und sorgen uns liebevoll um ihn und das braucht er am meisten.

* Dies ist eine wahre Geschichte nur die Namen sind aus Datenschutzgründen verändert.

 


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